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Baupraxis
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mb-15-02.htm; 10.2015

MEIN MODELL HATTE "GEBURTSTAG", die OLD LADY WURDE 50 b00g.jpg

Baubericht von von Peter Spaeth

Ich kann es selbst kaum glauben, aber es sind nun tatsächlich 50 Jahre vergangen, als meine "OLD LADY", Bauzeit 1 Jahr, das erste mal Kontakt mit Wasser hatte. Es war der 30ste September 1965. Die Jungfernfahrt war angesagt, bei uns in der Nähe auf dem Hohenzollernkanal. Der verbindet die Oberhavel mit der Innenstadt, und man kann dort bei West- oder Ostwind gut segeln, zumal es dort den Steg eines Rudervereins gibt und sehr wenig Schifffahrt. Das Aufriggen, zu Hause oft geübt, war fast schon Routine, und so schwamm die OLD LADY, ins Wasser gesetzt, neben dem Steg genau auf ihrer Konstruktionswasserlinie. Ich war sehr erleichtert…man weiß ja vorher nie! Aber der Trimm läßt sich ja auch noch nachträglich etwas verändern.

Ich war allein, und so beschränkte sich die Taufe auf eine Handvoll Wasser über den Bug und den Allzeit-Gute-Fahrt-Wunsch. In den Wind gedreht segelte OLD LADY davon, am Wind und, kaum zu glauben, schnurgeradeaus, ohne Steuerbefehle. Apropos Steuerung: Damals eine recht primitive Angelegenheit mit der ersten GRAUPNER - (Bellaphon, Bellamatik), und es gab noch keine Segelwinde im Handel. Aber alles funktionierte, und so traute ich mich, das Boot den 50 m breiten Kanal 1 km hinaufkreuzen zu lassen, natürlich mit meiner Begleitung am Ufer. Ich staunte über die Geschwindigkeit bei 2-3 Bft, die Wellenbildung war analog der einer großen Yacht. Es kam noch besser. Auf dem Rückweg, Schmetterling vor dem Wind, erreichte das Boot auch seine vorher errechnete Rumpfgeschwindigkeit von 5 KmH (3 Kn). Ich mußte mich beeilen, da mitzukommen, (wie auch in den vielen Jahren bei Regatten in Fühlingen) Wieder am Steg, testete ich noch verschiedene andere Kurse und wieviel Höhe OLD LADY laufen kann. Nach einigen Veränderungen am Segeltrimm entsprach alles meinen Vorstellungen. Nach einer langen Reihe von Modellen war nun OLD LADY mein vorläufig und für lange Zeit letztes, das größte und das erste ferngesteuerte Modell.

Bilder aus dem Jahre 1965:
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Einige Jahre später gab´s dann die ersten Proportionalanlagen und Segelwinden. Das war nun ganz etwas anderes. Die jüngeren Minisailors, die heute mit ihren 2,4Ghz-Anlagen ihre Modelle steuern, können sich nicht vorstellen, wie das damals angefangen hat. Ich hab es erlebt, daß immer nur einer segeln konnte, weil es noch keine Quarze gab. Als dann fortschrittliche Anlagen auf den Markt kamen, konnten immerhin 4 Mann zusammen segeln. Genauso war es auch bei Flugmodellen. Ich habe Jahrzehnte lang auch Segler gebaut.

Nach vielen als "Laie" gebauten Modellen (das erste als achtjähriges Kind, etwa 15 cm lang, später bis 1,2 m) wollte ich nun als fertig ausgebildeter Schiffbauer eine große klassische Yacht als Modell bauen, nicht scale, aber nach einem vorhandenen Linienriß. Ich entschloß mich schließlich, nach langem überlegen, den Riß der "Roland von Bremen" zu verwenden. dabei den Bleiballast jedoch 5 cm tiefer zu legen; Scale-Modelle sind zu rank. Nachdem der Linienriß der Roland von Bremen auf das Maß von 1,5 m Länge gebracht war, konnten die Spantrahmen gefertigt werden. Sie sind nicht als Ganzes aus 3mm Sperrholz ausgesägt, sondern sind aus Bodenwrangen, Spanten und Decksbalken zusammengesetzt (wie im richtigen Schiffbau) und auf einem speziellen Plan verleimt. Die Spanten im mittleren Bereich sind verstärkt. Ganze ausgesägte Spantrahmen benötigen viel Material und hinterlassen viel Abfall. Ich bin für sämtliche Teile mit nur ¼ qm Sperrholz ausgekommen. Die Beplankung besteht aus 3mm mittelhartem Balsaholz (ursprünglich 4mm, 1mm zum glätten) und ist mit 1 Lage GFK überzogen. Damals kamen gerade Glasmatten und Harz auf den Markt. Das Spantgerüst ist herkömmlich aufgebaut mit Vorsteven, Grundplatte, Balkweger, Totholz (aus Teak) und Bleiballast (7 kg). Das echt aussehende Stabdeck besteht eigentlich aus 2mm, auf Teak gebeiztem Birkensperrholz, die Nähte habe ich mittels einer Schablone eingeritzt und dann schwarz gefärbt. Mast und Großbaum haben eine Keep und sind aus zwei Hälften verleimt. Sie bestehen, wie auch der Radialfockbaum aus feinmaseriger und sehr leichter nordischer Fichte.

Die Farbgebung des Rumpfes, übrigens die gleiche wie heute, war mühselig; alles mit dem Pinsel, denn Sprühdosen gab es noch nicht. Aber die Oberfläche sah damals genauso aus wie heute, durch endloses spachteln und schleifen.

So war das mit meiner OLD LADY, die wohl die meisten der Minisailors kennen. Und falls nicht, einfach mal bei MINISAIL-EV. DE reinschauen, unter BERICHTE.

Bilder von Fühlingen 2009:
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Abschließend noch einige Daten der OLD LADY.
Länge über alles: 1,475 m . . . . Breite über alles: 0,32 m . . . . Construktionswasserlinie: 1,020 m
Verdrängung: 11,7 kg . . . . Tiefgang: 0,255 m . . . . Max. Segelfläche: 0,91 qm.

Link: Wer mehr über das Original wissen möchte: [Roland von Bremen im Yachtsportarchiv]


Peter Spaeth
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