mb-06-09.png Modellbau
Planbau
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mb-06-09.htm / 07.2003
© erschienen in SchiffsModell 2/2006
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b01k.jpg "Whoa Nellie"

oder:
Eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen.


Darüber berichtet Dr. Klaus Bartholomä


[Vorwort] [Rumpf] [Innenausbau] [Cockpit] [Deck] [Lackierung] [Takelage] [Probefahrt] [Erfahrungen] [Fazit]
../../button4.gif Vorwort -.-   

Angefangen hat die Geschichte damit, dass ich nach längerer familienbedingter Modellbauabstinenz mal wieder auf der Suche nach einem schönen kleinen Yachtmodell war. Es sollte ein kleines Schiffchen werden, im Maßstab 1:10, steif segeln und vom Sohnemann steuerbar sein.

Aber zum gezielten Suchen fehlte die Muße und so verstrich einige Zeit, bis ich in der Mai Ausgabe 2004 einer englischen Zeitschrift über klassische Boote fündig wurde. PRIMA hieß der Entwurf, der dort vorgestellt wurde. Eine 6,7 m lange Sloop gezeichnet von Joane Jardine-Brown, der Tochter von Dr. T. Harrison Buttler, der in den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein gefragter britischer Yachtkonstrukteur war. Joane war gerade 20 Jahre alt, als sie im Jahr 1937 begann PRIMA zu zeichnen. Da sie nicht so geübt war im Boote konstruieren, dauerte die Arbeit recht lange und wurde dann schließlich durch eine Familiengründung abgebrochen.

Und so kam es, dass ihr berühmter Vater die Konstruktion im Jahr 1938 fertig stellte und sie in der November Ausgabe von Yachting Monthly 1939 veröffentlichte. Nie folgte PRIMA eine Nachfolgerin, sie wurde aber bis heute mindestens sechs mal gebaut, zum Teil auch mit geringen Modifikationen. Die letzte PRIMA wurde 2004 von zwei ehemaligen Bootsbauschülern der Lyme Regis Boatbuilding Academy gebaut. Fr. Jardine-Brown, nun 86-jährig, hatte das Vergnügen diesem Bau ihrer 66 Jahre alten Konstruktion zu folgen und erstmalig zu sehen wie aus ihren zweidimensionalen Linien ein dreidimensionaler Rumpf entstand. Dabei fiel den Bootsbauern besonders auf, dass der Rumpf außergewöhnlich schwierig zu beplanken wäre, eine Erfahrung, die ich auch noch machen sollte. Aber man wächst ja schließlich mit seiner Herausforderung.

Nachdem ich gerne im Maßstab 1:10 baue, schienen die
technischen Daten wie geschaffen für mich:

- Original 1:10
Länge über alles 6,7 m 67 cm
Länge der Wasserlinie 5,5 m 55 cm
Breite über alles 2,2 m 22 cm
Tiefgang 1,2 m 12 cm
Segelfläche 16,75 m² 1478 cm²

Nachdem auch meine Frau davon überzeugt war, dass es für den Familienfrieden besser ist, wenn ich mal wieder ein Schiffchen baue, konnte mit dem Planzeichnen begonnen werden. Um eine bessere Genauigkeit beim Bau zu erreichen, habe ich wenigstens den Spanten - und Linienriß, sowie ein paar Details der Seitenansicht und der Draufsicht in meinem Baumaßstab gezeichnet. Mit den Unterlagen aus der Zeitschrift war das ein Kinderspiel. Die Vorfreude auf den Bau wurde dadurch noch gesteigert.


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../../button4.gif Rumpf -.-   

b02k.jpg Nun konnte endlich mit dem Bau begonnen werden. Ich entschied mich für eine bislang für mich neue Bauweise, die Mallenbauweise. Bei dieser Bauweise werden die Bauspanten, die Mallen, abzüglich der Plankendicke aus einem stabilen Sperrholz ausgesägt und wie gewohnt auf der Helling errichtet und gestrakt. Darüber habe ich mit 2 mm Balsaholz den Rumpf beplankt. Damit die Planken nicht mit den Mallen verkleben, habe ich vor Beginn der Arbeiten die Kanten der Mallen mit Tesafilm und Gefrierfolie abgeklebt. Das Beplanken war wie schon erwähnt nicht ganz einfach, aber dank des Baumaterials doch recht zügig fertig gestellt. Darauf folgte das in Modellbauerkreisen so beliebte Schleifen und Spachteln. Da ich aber recht sauber gebaut hatte, hielt es sich noch in erträglichen Grenzen. Nun wurde der Rumpf von außen mit G4 versiegelt und mit einer Lage 160g/m² Glasgewebe beschichtet. Dann wieder Spachteln und Schleifen und immer wieder mit Grundierung Zwischenlackieren, um das Spachtelergebnis besser beurteilen zu können. Nachdem die Oberfläche endlich ordentlich glatt war, kam der erste große Moment, das Entfernen der Mallen. Es lag eine nur 330 g leichte und sehr steife Rumpfschale vor mir auf dem Arbeitstisch. Bis hierhin ging alles glatt fast zu glatt, wie in alten Zeiten.


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../../button4.gif Innenausbau -.-   

Der Innenausbau war dann mehr oder weniger Routine. Einige Spanten wurden zur Versteifung und als Träger fürs Cockpit eingebaut, der Fernsteuerungseinbau vorgenommen und dann alles wieder mit G4 versiegelt. Nun kam aber die große Frage: Wie mache ich den Ballast? Ich kam auf die glorreiche Idee die Umrisse des Ballastes des Originals einfach außen am (schön geschliffenen) Rumpf anzuzeichnen und auszusägen. Eine Arbeit, die einem in der Seele weh tut. Aber ich hatte mir gedacht, dass ich das ausgesägte Stück Rumpf gleich als Positivform für den Blei-Abguss hernehmen konnte. Leider hatte ich beim Sägen einen schlechten Tag, nein einen sehr schlechten Tag erwischt. Jedenfalls wurde das ganze krumm und schief. Der schöne Rumpf!!! Ich dachte mir, na ja, sieht ja keiner wenn es fertig ist, aber man weiß es… Gipsabdruck und Bleiguss gingen soweit ganz gut, nur mein guter alter Alu-Schmelztiegel segnete das Zeitliche, weil ich mit meinem Gasbrenner aus Unachtsamkeit ein Loch hinein gebrannt habe. Zum Glück erst nachdem der Ballast gegossen war. Dieses Stück Blei, immerhin 1330 g schwer, wurde dann in der vorher ausgesägten Aussparung im Rumpf eingepasst, alle Trennfugen sauber abgeklebt und dann von Innen mit Epoxy-Harz ausgegossen. Nach dem Aushärten dann wieder Spachteln und Schleifen, noch mal Grundieren und von der schiefen Sägerei war nichts mehr zu sehen.

b03k.jpgJetzt ging es weiter mit dem Ruderblatt. Ich habe es meiner Erfahrung folgend gleich um etwa 30% vergrößert, da Modelle immer eine schlechtere Ruderwirkung haben als die Originale. Eine kleine Besonderheit ist die Anlenkung des Ruders. Denn aufgrund der Konstruktion als angehängtes Ruderblatt mit Pinnensteuerung erschien es mir unmöglich eine halbwegs unsichtbare und dennoch wasserdichte Anlenkung mittels Schubstange hinzubekommen. Deshalb entschied ich mich für eine Anlenkung der Pinne über Seilzüge. Funktioniert gut und sieht gut aus. Man könnte die Seilzüge auch für eine Pinnenarretierung halten. Einziger Nachteil ist die relativ hohe Reibung, die zu einem erhöhten Strombedarf des Ruderservos führt. In diesem Fall sind das 300 mA, die mit dem 2200 mAh Empfängerakku zu einer theoretischen Betriebszeit von über 7 Stunden führen, für meine Belange genug.


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../../button4.gif Cockpit -.-   

b04k.jpgBeim Bau des Cockpits und des Aufbaus sind dann die Pferde mit mir durchgegangen. Eigentlich wollte ich ja ein kindgerechtes Modell bauen. Dann fand ich aber in meiner Holzkiste ein paar Leisten feinsten Birnbaumholzes, das flugs in eine ordentliche Beplankung des Cockpitbodens, der Sitzbänke und des Schiebeluks verwandelt wurde, natürlich inklusive Pappstreifenkalfaterung. Für die Cockpitwände, die Rückenlehnen und die Seitenwände des Aufbaus habe ich dann meine besten Mahagonireste zusammengesucht. Das Kajütdach besteht wieder aus 2 mm Balsa und das Deck ebenfalls. Wobei letzteres zur Imitation der Baumwollbespannung mit 80 g/m² Glasgewebe belegt wurde, das nur so weit angeschliffen wurde, dass die Gewebestruktur noch durchkommt. Schlussendlich folgten noch die Eckleisten am Aufbau, die Randbeplankung des Decks und die Scheuerleiste aus Mahagoni. All das schöne Holz schreit natürlich nach einer Hochglanzlackierung, womit endgültig klar stand, das Boot wird kein Kinderboot!

Ich war ja schon immer auf Kriegsfuß mit der Lackierung gestanden, aber dass es so schlimm kommen würde…
Der Reihe nach:
Als erstes wurden die Edelholzteile mit Klarlack behandelt. Ich verwende dazu Bootslack auf Terpentinbasis. Das Ergebnis ließ sich wirklich sehen, eine spiegelglatte Fläche in Hochglanz.


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../../button4.gif Deck -.-   

Als nächstes kam das Deck. Es wurde mit seidenmattem Acryllack lackiert. Natürlich mussten dazu die Naturholzflächen abgeklebt werden. Weil ich ahnte was kommt, verwendete ich dazu nur Klebeband bekannter Qualität. Dennoch, beim Abziehen lösten sich Teile der Klarlackflächen ab. Da aber noch der Rumpf lackiert werden musste, beschloss ich die Fehlstellen erst am Ende noch mal zu lackieren.


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../../button4.gif Lackierung -.-   

Der Rumpf sollte in englischem Sportwagengrün, ebenfalls in Hochglanz, erstrahlen. Dazu kaufte ich eine Sprühdose Acryllack aus der Autozubehörindustrie. In dünnen Schichten wurde der Lack aufgetragen und das Ergebnis war super. Nur der Familienfrieden hing mal wieder schief, da die Lackiergerüche sich überall im Haus verteilten. Also beschloss ich die letzte Schicht Lack im Garten aufzutragen. Durch die Feuchtigkeit des Grases wurde sie jedoch nicht hochglänzend, sondern milchig matt - der Supergau! Natürlich hatte ich diese Erfahrung schon Jahre zuvor gemacht, nur leider fiel mir das erst danach wieder ein. Also auf in den Baumarkt und noch `ne Dose kaufen. Leider hatte ich die erste Dose in einem Laden gekauft, in den ich nicht so bald wieder kommen würde. Die anderen Läden hatten alle eine riesige Auswahl an Farbdosen, nur meine Farbe war nicht dabei. Also grün ade, blau war jetzt angesagt. Daheim dann wieder die ganze grüne Farbe runterschleifen, neu grundieren und auf ein Neues mit blau. Jetzt wurde in der Garageneinfahrt lackiert und die Oberfläche wurde ausgezeichnet.

b05k.jpgZum Lackieren des Unterwasserschiffs musste wieder abgeklebt werden. Und der Leser ahnt es bereits, die blaue Farbe, die weiße Farbe des Wasserpasses und der Klarlack sowieso lösten sich beim Abziehen des Klebebandes immer wieder ab. Es war zum Haare ausraufen, aber am Ende habe ich es aber dann doch irgendwie geschafft endlich eine halbwegs anständige Lackierung hinzubekommen. Mit steigendem Frust sinkt eben der Qualitätsanspruch.

Nun stand endlich ein wunderschöner, halbwegs sauber lackierter Rumpf vor mir. Jetzt konnte es an die Schwimmprobe in der Badewanne gehen. Der Mast war zu diesem Zeitpunkt schon als Rohling fertig. Er wurde in sein Halterohr im Rumpf gesteckt und alle Fernsteuer-Komponenten installiert. Ab ins Wasser mit der Fuhre, aber was war das? Das Schiff schwamm wie eine Nussschale auf dem Wasser, aber nicht im Wasser wie es sein sollte. Die Wasserlinie war bei weitem nicht erreicht. Dabei hatte ich den Spantenriss vorher sauber ausplanimetriert und damit eine Verdrängung von 2850g ermittelt und genau dieses Gewicht hatte das Boot. Es mussten noch mal 500g zugegeben werden, um die Wasserlinie zu erreichen. Ich weiß bis heute nicht wo der Fehler lag. Jedenfalls musste ein Zusatzgewicht gegossen werden das genau in den Rumpf kurz hinter dem Mastfuß passt. Dazu wurde der Rumpf innen mit Alufolie ausgekleidet und mit Gips ausgegossen. Dann wurde das Ganze entfernt, umgekehrt in eine Pappschachtel gelegt und wieder mit Gips ausgegossen. Die Alufolie bildete dabei die Trennschicht. Nach ausgiebigem Trocknen konnte dann die Positivform bis zur Alufolie aus der Negativform gekratzt werden und es wurde mal wieder Blei gegossen. Diesmal mit einem Kochtopf aus Stahlblech, der nicht mehr durchbrennt. Nun wieder Routine, Zusatzgewicht in den Rumpf, noch mal Schwimmprobe mit 3320g Verdrängung - alles klar - Zusatzgewicht einharzen mit Epoxyharz und Microballoons - fertig.

b06k.jpgNachdem nun der Rumpf so schön war, musste die Takelage optisch natürlich auch dazu passen. Ich entschied den Mast aus Western Red Cedar Leisten zu verkleben und das Groß wie beim Original in einer Keep anzuschlagen. Dazu wurde mit der Kreissäge eine Nut in den Rohling gesägt, die mit einem Kugelfräser per Hand zur Keep ausgefräst wurde. Danach alles in Form Schleifen und Lackieren. Das gleiche beim Großbaum nur ohne Keep und es konnte wieder lackiert werden. Diesmal ging alles glatt. Die Beschläge wurden alle selbst angefertigt mit Ausnahme des Großbaumbeschlages, der aus dem Beschlagsatz einer Graupner Optimist entstammt und gut 25 Jahre alt ist.


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../../button4.gif Takelage -.-   

Nachdem ich die Ruderfläche vergrößert und die Segelfläche wegen der Selbstwendefock verkleinert hatte, war es notwendig den Segeldruckpunkt wieder richtig einzustellen. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der grafischen Ermittelung der Schwerpunkte. Der Druckpunkt lag demnach, bezogen auf die Länge der Wasserlinie, 18% vor dem Lateralschwerpunkt, was ein extremer Wert ist. Deshalb entschied ich mich zunächst mal Probesegel aus Zeichenpapier zu fertigen, die einfach mit der Schere in Form gebracht werden können. Zusätzlich habe ich den Mastfuß auf dem Kiel verschiebbar und den Fußbeschlag des Vorstags verstellbar ausgeführt, so dass die Mastneigung auch später noch verändert werden kann. Die Schoten wurden am Stellhebel des Segelverstellservos mit Schraubklemmen geklemmt, so dass später jederzeit die Schoten unter Deck fein justiert werden können ohne, dass auf Deck hässliche Stellschieber oder ähnliches sichtbar sind. Auch die Selbstwendefock war ein Novum für mich. Bisher hatten meine Modellsegelschiffe entweder Focks, die am Baum gefahren wurden, oder welche, die wie im Original mit zwei Schoten angesteuert wurden. Whoa Nelli sollte jedoch eine Selbstwendefock bekommen wie sie zeittypisch war, mit Traveller und (baum-)losem Unterliek.


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../../button4.gif Probefahrt -.-   

b07k.jpg Für die Probefahrten ließ ich Mast und Baum noch etwas zu lang und takelte das stehende Gut nur provisorisch aus Drachenschnur. Auch die Segelfläche war etwas größer als auf dem Plan angegeben ausgeführt. Whoa Nellie zeigte aber dann wider Erwarten ein sehr ausgewogenes Verhalten. Nur bei starker Krängung wurde sie etwas luvgierig. Die Fock stand aber noch nicht richtig. Und das Großsegel sollte etwas verkleinert werden, womit der Segeldruckpunkt dann an seine richtige Stelle rückte. Der Sohnemann war aber schon quengelig und so musste die zweite Probefahrt mit verkleinerten Segeln verschoben werden. Als wir sie antreten wollten, war der Wind etwas stärker und das Großsegel flog schon gleich beim Antransport an den See aus dem Achterliek. Ich hatte alles erdenkliche Werkzeug dabei, nur keinen Tesafilm für die Reparatur! Also alles wieder einpacken und heimfahren. Die Geduld meiner Familie ist groß aber nicht groß genug, um ein einem Tag zweimal zum See zu fahren und so beschloss ich die Probefahrten sein zu lassen und gleich richtige Segel zu nähen und Mast und Baum auf die richtige Länge zu kürzen – nach dem Motto: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Nun passte Whoa Nelli sogar aufgetakelt in unser Auto. Im Fußraum hinter dem Beifahrer stehend sind vom Masttopp zum Schiebedach noch genau 4mm Platz – Whoa!

Die Probesegel konnten wie sie waren gleich als Schablonen verwendet werden. Aber irgendwie wollte das Segelnähen auch nicht so recht funktionieren. Der Stoff verzog sich so seltsam und erschien mir ungewöhnlich dick. Als die Fock dann fix und fertig angeschlagen war, fiel mir auch endlich auf warum. Ich hatte einfach den falschen Stoff erwischt. Na ja, schon lange keine Segel mehr genäht. Also die ganze Übung noch mal mit dem richtigen Stoff. Das Resultat war gleich wesentlich besser. Die Segel stehen recht gut und verziehen sich auch nicht. Dann wurde noch das stehende Gut durch Fesselfluglitze und Messing-Wantenspanner ersetzt. Dadurch kann das Vorstag nun auch ohne Achterstag ordentlich durchgesetzt werden. Und fertig war das kleine Schiff, nur der Name fehlte noch.

b08k.jpgFertig? Nein noch lange nicht, denn was ist ein schönes fertiges Modell eines kleinen Küstenseglers ohne einen Steuermann? Soviel stand fest, ein Seemann in 1:10 musste unbedingt vor der offiziellen Jungfernfahrt an Bord. Ans Kaufen dachte ich gar nicht erst, denn ich erinnerte mich noch gut wie lange ich für mein Catboat damals gesucht hatte bevor ich ihn dann doch selbst gebaut habe. Also die Schablonen für die Kleidung wieder raus suchen und Klamotten nähen. Einen Kopf hatte ich von damals noch übrig und die Hände schnitzte ich nach Vorlage meiner eigenen Hände aus Birnenholz. In einer schlaflosen Nacht kam mir dann die Idee nicht einen anständigen Segler zu bauen, sondern einen etwas ausgeflippten mit langen Haaren, Vollbart und Cap. Meine Frau war erstaunlicherweise schnell überredet für dieses Projekt 10cm ihrer Kopfbehaarung zu opfern (fällt kaum auf) und mein Sohn spendierte mehr oder weniger freiwillig die Mütze eines Ü-Eis. Jetzt mussten nur noch der Körper, und die Extremitäten aus Silberdraht gebogen und das Ganze mit Styropor und Schrumpfschlauch etwas „aufgedickt“ werden. Fertig war der ausgeflippte Kapitän. Und zu einem ausgeflippten Kapitän gehört natürlich auch ein solcher Name. Den Namenszug – Whoa Nellie - hatte ich noch vom Bau meiner Barrel Back übrig womit sich jegliche Kreativität bei der Namensgebung erübrigte. Mit dem Steuermann ist Whoa Nellie ein richtiger Hingucker geworden.


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../../button4.gif Erfahrungen -.-   

Seit der Kiellegung war mehr als ein Jahr vergangen. Ich hatte ungefähr 110 Abendstunden und knappe 50,-€ investiert. Trotz der vielen Jungfernfahrten, die ich schon hinter mir habe, bin ich immer wieder gespannt, ob dann auch alles richtig funktioniert. Also wurden die Akkus ordentlich geladen, alles noch mal ausprobiert und ab ging es an den See. Es war wenig Wind, für ein Boot mit so wenig Segelfläche, einer so hohen Verdrängung und einem Ballastanteil von etwa 60% keine idealen Bedingungen. Aber zum Ausprobieren des Trimms reichte es und die Ruderwirkung schien auch in Ordnung zu sein. Doch was war das? Nach nur etwa 15 min ging gar nichts mehr. Nicht nur der Wind war eingeschlafen, sondern auch auf dem Boot tat sich nichts mehr! Das war mir noch nie passiert. Hatte ich doch extra nagelneue Akkus eingebaut. Whoa Nelli stand wie angenagelt etwa 20m vom Steg entfernt ruhig im Wasser. Zum Glück hatte mein Sohn sein Motorboot dabei mit dem wir ein perfektes Rettungsmanöver fuhren. Daheim stellte sich dann heraus, dass einer der neuen Mignon-Akkus einfach kaputt war, obwohl ich vorher alle Zellen einzeln überprüft hatte.

b09k.jpgDie nächste Fahrt machte ich dann bei etwa 3 Beaufort und recht kabbeligem Wasser. Dabei zeigte Whoa Nelli, dass ihr diese Bedingungen schon deutlich besser schmecken. Sie ist recht flott unterwegs und lässt sich durch die hohe Verdrängung und die Ballastverteilung auch durch Wellen nicht aus der Ruhe bringen. Sie durchpflügt die Wellen einfach, wodurch natürlich ordentlich Wasser überkommt. Nicht gerade komfortabel für den Steuermann, sieht aber gut aus. Das Cockpit blieb aber bislang immer schön trocken. Die Höhe am Wind ist nicht wie bei einem M-Boot, aber zufrieden stellend. Bei den Wenden zeigte sich anfangs, dass der Ring, der mit dem der Schotblock der Vorschot auf dem Traveller rutschen sollte, etwas zu schwergängig war. Er wurde durch einen primitiven Schotwagen ersetzt und dann funktionierte die Sache auch bei wenig Wind. Vor dem Wind zeigt sich keine große Überraschung für einen Langkieler. Whoa Nellie liegt gut und ruhig auf dem Ruder, zeigt keine Tendenz auszubrechen, ist jederzeit unter Kontrolle und taucht auch nicht mit dem Bug ab. Raumschots kommt dann so richtig Spaß auf, es entsteht eine wunderbar ausgebildete Hecksee und die Rumpfgeschwindigkeit wird bei etwa 2 - 3- Beaufort erreicht – Rauschefahrt! Ich dachte nicht, dass man ein so kleines Boot auch noch bis 4 Beaufort segeln kann, der hohe Ballastanteil in Verbindung mit meiner Leichtbauweise macht’s möglich. Schwächen hat die Konstruktion bislang keine gezeigt. Auch der sehr weit vorne liegende Segeldruckpunkt scheint exakt richtig zu sein, denn das Böötchen segelt nun ganz ausgewogen. Erst bei 5 Beaufort wird Whoa Nellie etwas luvgierig, dann ist allerdings die Reffgrenze auch deutlich überschritten, wobei am Wind die leeseitige Kajütseitenwand unter Wasser taucht und Wasser ins Cockpit läuft, das darf es dann auch. Auf halben und raumen Kursen trotzt die kleine Dame aber auch unter diesen Bedingungen noch den Naturgewalten, auch bei 20cm Welle! Die damals junge Hobby-Konstrukteurin hat also ganze Arbeit geleistet.

b10k.jpg b11k.jpg b12k.jpg b13k.jpg b17k.jpg
Spanten

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../../button4.gif Fazit -.-   

Ende gut, alles gut – trotz der viele Rückschläge, ist ein wunderschönes gut segelndes Boot entstanden. Whoa Nelli sieht gut aus, ist transportfreundlich und segelt prima. Sie hat Potenzial zum Lieblingsboot. Auch mein Sohn hat schon ein Auge auf sie geworfen…
Aber das nächste Projekt ist ja zum Glück schon in Planung, wie es sich für einen anständigen Modellbauer gehört - und diesmal nur für den Papa…


Klaus Bartholomä

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