mb-02-04.png Modellbau
Baukastenmodell

© Dieser Bericht erschien bereits in der Fachzeitschrift "ModellWerft"
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mb-02-04.htm, 07.2002

mb-02-04-b01g.jpgColin Archer von Billing Boats

[Vorwort] [Bauanleitung] [Rumpf] [Einbauten] [Segel] [Faqhrverhalten]
../../button4.gif Vorwort -.-   

Lassen Sie mich ausnahmsweise mit einer unangenehmen Geschichte anfangen: 1995 wurde mir auf der Urlaubsfahrt nach Wales am hellichten Tage aus dem verschlossenen Wohnwagen in Portsmouth im Süden Englands mein Urlaubsmodell gestohlen. Es war das Segelmodell Collie II von Graupner, das mitsamt Fernsteuerung und Transportkiste weg war.
In der Modellwerft 12/92 hatte ich Ihnen dieses handliche und hübsche Modell beschrieben. Da ich die Collie II auch häufig auf dem offenen Meer fuhr, habe ich insgeheim schon immer damit gerechnet, daß sie sich aufgrund eines Elektronik-Ausfalls einmal selbständig machen und als „Fliegender Holländer" auf die Reise ginge - aber eben nicht mit einem Diebstahl!
Wie dem auch sei, seitdem hatte ich keinen Segler mehr. Und das Modellsegeln machte mir immer so viel Spaß, daß mich der Gedanke an einen neuen, etwas größeren Segler nicht mehr los lies. Die zahlreichen Bausätze der modernen 'schnörkellosen' Segler gefielen mir nicht ausreichend genug, einen davon zu kaufen. Bis, ja bis ich auf der Modelbau-Süd-Messe 1996 auf dem Stuttgarter Killesberg die neue 'Colin Archer' auf dem Simprop-Stand sah. Die war es! Ein historischer Zweimast-Gaffelkutter, wenig Aufbauten, füllige Rumpfform, Langkieler, kompakt genug für den Kofferraum oder Wohnwagen, groß genug, auch mal auf dem Meer zu fahren und eine Rumpfform, die für sich sprach, typisch Colin Archer eben.

Sechs Wochen später stand der große Karton in meiner Kellerwerkstatt. Den Kaufpreis für unter 500,- DM fand ich sehr günstig.

Was aus dem Karton zum Vorschein kam, war wirklich bester Qualität, mit kleinen Ausnahmen. Da waren der sehr sauber tiefgezogene, füllige Rumpf. Er ist der eigentliche Grund, warum ich Baukästen dem Planbau vorziehe, der langwierige Rumpfbau (spachteln - schleifen - spachteln - schleifen ...) ist einfach nicht mein Ding.

Weiterhin gut gefallen haben mir die beiden schön geätzten Messing-Beschlagplatten, der Beschlagsatz (ebenfalls weitgehend aus Messing), die Qualität der mit Laser geschnittenen Holzplatten. Während des Baus hat sich dann herausgestellt, daß die kleinen Nägel und das mitteldicke Takelgarn etwas zu knapp bemessen sind.

Die Schraubenwelle, die Ruderscharniere, die Blöcke und der Segelstoff schienen nur für ein Standmodell geeignet und wurden deshalb von mir gegen andere ausgetauscht.

Vom Mast ist, entgegen der Auskunft des Messestands, nur die getrennte Mastspitze profiliert. Auch die Segel sind nicht, wie behauptet, bereits genäht, sondern nur auf sehr steifem Tuch aufgedruckt. Der „Besenstiel" für den Mast war leider krumm, ich nahm an, daß das nicht originalgetreu ist und tauschte ihn ebenfalls gegen ein neues Rundmaterial aus dem Baumarkt aus.

Im Bausatz enthalten sind verschiedene Holzleisten- und Stäbe, zwei große, (dummerweise zweiseitig bedruckte) Pläne sowie die Bauanleitung. Außerdem liegt ein nettes Zertifikat bei, das bestätigt, daß das Modell in Kooperation mit dem Norwegischen Schiffahrtsmuseum exakt nach den Originalplänen konstruiert wurde.


[Vorwort] [Bauanleitung] [Rumpf] [Einbauten] [Segel] [Faqhrverhalten]
../../button4.gif Bauanleitung -.-   

Womit wir beim negativsten Thema des Baukastens angekommen sind. Die Bauanleitung (ohne die Schiffshistorie und „Allgemeines") für dieses Modell umfaßt ganze 26 deutsche Sätze! Die meisten davon im Stil „Verbinden Sie Teil 26 mit Teil 27". Obendrein ist die Reihenfolge der Wrangen vertauscht. Das Blatt mit der Korrektur wurde um das Bündel mit den Rundstäben gewickelt. Die braucht man aber erst viel später - zu spät.
Inzwischen hatte ich mit viel Mühe und Fluchen die Wrangen an den Rumpf angepaßt bzw. erneuert. Die beiden großen Pläne zeigen leider keine Vorder- oder Rückansicht, geschweige denn einen Schnitt, auch das macht den Bau leider nicht leichter. Sehr wichtig wurden deshalb die Fotos (leider nur mit Ansichten der Steuerbordseite) des Kartons, die flau fotokopierten Abbildungen der Bauanleitung zeigen keine Details, z. B. des Deckbelags und der Relingkonstruktion. Ich mußte sie schließlich nach Gutdünken bauen.


[Vorwort] [Bauanleitung] [Rumpf] [Einbauten] [Segel] [Faqhrverhalten]
../../button4.gif Rumpfbau -.-   

Den Anfang bildet wie immer der Bootsständer. Und der ist komplett Bestandteil des Baukastens; heute immer noch nicht selbstverständlich. Ich habe ihn etwas weiter gesägt, damit eine schützende Gummiauflage zwischen Holz und Schiffsrumpf paßt. Und zwei weitere Querstreben habe ich auch noch hinzugefügt, für die Stabilität beim Transport zum See.

mb-02-04-b02g.jpgWeiter geht es mit dem Thema Ballast.
Das Boot muß fahrfertig ca. 10 kg wiegen, um auf der Wasserlinie zu liegen. Viele originalgetreue historische Modellsegler benötigen einen tiefen Zusatzkiel, damit sie passabel segeln können; nicht sehr vorbildgetreu, aber physikalisch nicht zu ändern. Besser bei der Colin Archer, der füllige Langkiel verleiht ihm eine wirklich ausreichende Stabilität.
Voraussetzung dazu ist allerdings, daß sich die ca. 6 kg Ballast optimal, d. h. ganz unten im Kiel befinden.
Hier meine Vorgehensweise:
Man nehme eine 5 kg-Tüte Gips, dünne Lebensmittelfolie, einen (alten) Blumenkasten, ca. 6 kg altes Blei (z.B. Autoreifen-Auswuchtgewichte), einen alten Topf und einen Gasbrenner. Zuerst wird der Kielbereich des Rumpfs mit der dünnen Lebensmittelfolie ausgekleidet. Dann wird Gips dünnflüssig angerührt und damit der Kielbereich ausgegossen. Den Gips dann mindestens einen Tag abbinden lassen, trocken braucht er nicht werden. In einen länglichen Kasten (ich nahm einen alten Balkon-Blumenkasten) werden dann ca. zwei Zentimeter hoch dünnflüssiger Gips gegossen. Dies geschieht, damit später das flüssige Blei sich nicht durch den Kunststoff schmelzen kann.
Nun die abgebundene Positivform vorsichtig aus dem Rumpf herausnehmen, ggf. die Trennfolie erneuern und aufrecht mittig in den Formkasten stellen. Den freien Raum des Kastens nun mit dünnflüssigem Gips auffüllen. Wenn der Gips abgebunden ist, kann die Positivform heraus genommen werden, die Trennfolie ebenfalls. Die Gips-Negativform sollte dann einige Tage abbinden und trocknen.
Beim Auto-Reifenhändler oder beim Buntmetall-Schrotthändler werden in der Zwischenzeit nun einige Kilogramm alte Blei- Reifenauswuchtgewichte besorgt. Der Kasten mit der Negativform und ein alter (Camping)-Gasofen werden nun im Freien aufgestellt, siehe Bild 1. In einem ausrangierten Nirostatöpfchen werden die Auswuchtgewichte nach und nach eingeschmolzen.
Die Metall-Halteklammern schwimmen auf dem flüssigen Blei auf, die Klammern kann man bequem abschöpfen und in den Schrott geben. Das flüssige Blei wird nun nach und nach in die Negativform gefüllt. Nach dem Erkalten kann der fertige Bleiballast aus der Form genommen werden. Den Ballast habe ich dann in drei Teile getrennt (Ein Teil kommt unter den Motor, ein Teil unter den Akku, ein Teil vor den Mast. Das Teilen des Bleiballasts mittels Säge ist sehr mühsam, die Zähne der Säge setzen sich ständig zu. Am bequemsten geht es mit dem elektrischen Winkelschleifer, ich habe dafür eine Flexscheibe geopfert und den Ballast damit bearbeitet.

Auf den Ballast-Mittelteil habe ich auch gleich den Halter für den einzigen Akku (12 V, 3Ah) integriert, der alle Verbraucher speist. Der Bauplan schlägt gleich drei verschiedene Akkus (4,8 V, 6 V und 7,2 V) vor, zu welchem Zweck habe ich nicht verstanden.
Separate Empfängerakkus sind schon seit Jahren nicht mehr Stand der Technik und daß der Motor und die Winden aus getrennten Akkus versorgt werden sollen gibt auch keinen Sinn. Zur Stromversorgung später mehr, deshalb weiter mit dem Ballast. Die genaue Größe und Lage des Ballastes im Rumpf mußte mit Schwimmtests in der Badewanne bestimmt werden. Da der maßgeschneiderte Ballast exakt in den Kiel paßt, braucht er nicht weiter befestigt werden (und kann dadurch zur vielleicht notwendigen Gewichtsreduzierung leicht wieder entnommen werden).

mb-02-04-b03g.jpgKommen wir zum Mast und die Eigenkonstruktion des Masthalters.
In der Bauanleitung wird ausdrücklich davon abgeraten, für den Transport die Masten abzunehmen; das sei zu zeitaufwendig und kompliziert, das Rigg würde dadurch seine Spannung verlieren. Aber was für ein Auto muß ich mir denn zulegen, damit ich die immerhin 1,45 m hohe und 1,30 m lange, aufgeriggte Colin Archer zum Wasser transportieren kann?
Dabei ist die Lösung des Transportproblems ganz einfach und eigentlich auch nicht neu. Die Grundidee ist folgende: Der Mast wird in ein bis auf den Kiel reichendes Rohr gesteckt. In dem Rohr befindet sich eine starke Feder. Diese Feder drückt nun von unten gegen den Mast und hält dadurch zentral das ganze Rigg unter Spannung. Das Rigg kann je nach Gutdünken an den Wantenspannern oder am Mastkopf aus/eingehängt werden. Das ist weder zeitaufwendig noch kompliziert.

Durch Abnehmen der Masten und Einschieben des Bugspriets ist das zu transportierende Modell nur noch ganze 95 cm lang und 35 cm hoch, kein Problem mehr für jeden durchschnittlichen Kofferraum.
Mein Großmast-Halter besteht aus einem 25 mm Alurohr, an das ich unten eine Bodenplatte hart angelötet habe. Die Feder stammt aus einer Motorradkupplung, hat einen Durchmesser von 15 mm und ist 35 mm lang. Zur besseren Führung der Feder habe ich noch einen Alu-Kolben gedreht. In Zeichnung 1 ist die ganze Konstruktion übersichtlich dargestellt. Der Besanmasthalter habe ich aus 16 mm-Messing-Rundmaterial gedreht, die dazugehörige Feder stammt aus der Krabbelkiste.
Beide Halter wurde dann stabil mit Zweikomponenten-Kleber in das Modell eingeklebt.


[Vorwort] [Bauanleitung] [Rumpf] [Einbauten] [Segel] [Faqhrverhalten]
../../button4.gif Einbauten -.-   

An dem noch offenen Rumpf wurden nun bequem die ganzen Einbauten vorgenommen. Zuerst wurde eine neue Welle (Graupner Nr. 321 ) mit Silikon eingeklebt. Die im Bausatz enthaltene Messingwelle ist nach meiner Meinung nur für ein Standmodell geeignet oder müßte für den Fahrbetrieb wegen des sehr großen Lagerspiels ständig nachgefettet werden.

Ein Siebenpol-Mabuchi-RS 12V-Motor wurde an ein Alu-L geschraubt und diese wiederum auf einen Holzträger. Den Holzträger habe ich dann mit 2-Komponentenkleber in den Rumpf eingeklebt. Auf die gleiche Weise kam der Elektronik-Träger zwischen Motor und Akku in das Modell.

mb-02-04-b04g.jpg Die Segelverstellung habe ich etwas anders als vorgeschlagen ausgeführt. Zwei Getriebemotoren, bestehend aus zwei umgebauten Servos, bilden die Winden. Diese beiden Servos und den Ruderservo habe ich auf einen Träger aus Aluminium montiert.

Der Ruderservo sitzt seitlich auf dem Windenträger und bewegt über einen Modellflieger-Bowdenzug das Ruder außen am Rumpf. Die Anlenkung am Ruder erfolgt über ein Kugelgelenk, da sich Ruderwelle und Servowelle nicht in einer Ebene befinden. Der Kugelkopfbeschlag sowie die Ruderwellen wurden aus Messing größer als vorgesehen ausgeführt, da der Originalbeschlag mir zu zierlich zum Segeln erschien.

Zurück zur Segelverstellung: im Rumpf wurden zwei Umlaufschote anstelle der drei vorgeschlagenen Winden eingebaut. Die eine Umlaufschot fiert die Großschot (Leine nur rein und raus), die zweite Umlaufschot führt auf je Steuerbord- und backbord-Schoten der Fock und des Klüvers. Dadurch kann der Klüver zum Seitenwechsel um die Fock herum gezogen werden. Die Fock und der Klüver müssen entgegen dem Bauvorschlag also nicht getrennt gesteuert werden. Bild 2 und 3 zeigen den Schotverlauf und den Windenträger im noch offenen Modell.
Beachten Sie, daß die Winden liegend eingebaut sind und dadurch die Umlaufschoten vertikal laufen; funktional macht es keinen Unterschied zur üblichen horizontalen Einbaulage.
Die Servos werden zu (ungeregelten) Winden, indem die mechanischen Anschläge im Getriebe und der Potentiometer entfernt werden. Ohne Potentiometer kann der Servo je nach Nullstellung am Regler und Knüppelstellung am Sender frei in beide Richtungen drehen. Auf die Servoachse wurden Zweikammer-Trommeln befestigt. Ich habe sie aus Messing-Rundmaterial gedreht, ohne Drehbank kann man ersatzweise auch leere Garnrollen verwenden.
Mit den Trommeln werden die Schnüre für die Umlaufschot auf bzw. abgewickelt.
mb-02-04-b05g.jpgJe zwei Mikroschalter dienen der Endabschaltung, die Schot läuft dazu durch einen Spalt am Schalterhebel, je zwei Unterlagscheiben werden in die Umlaufschot geknotet. Daran werden später die Segelschoten befestigt und sie betätigen auch die Endschalter.
Am anderen Ende der Umlaufschot befinden sich Umlenkrollen, die ich aus Alu-Rundmaterial gedreht habe. Sie sind so schmal, daß sie zwischen handelsübliche Gabelköpfe passen. Diese wiederum sind an langen Schrauben befestigt, die durch den L-förmigen Schotrollenträger gesteckt sind. Damit die Umlenkschot immer schön straff bleibt, wurden auf den Schrauben je eine Feder zwischen Schraubenkopf und Träger montiert, siehe Bild 4.
Sowohl der Windenträger als auch der Rollenträger sind auf Holzplatten geschraubt, welche beide gut im Rumpf festgeklebt sind.

Die Schote führen via Bowdenzugröhrchen an Deck, dabei sollte auf eine knickfreie Verlegung geachtet werden. Schön verrundete Hohlnieten dienen als Abschluß. Bild 7 zeigt die vier Schotöffnungen am Besanmast. Als Schotleinen verwende ich ausschließlich geflochtene Drachenschnur, die hat gegenüber geschlagener Schnur keinen Drall und läuft daher gleichmäßig durch die Schotführungen.

Zwischen dem Akku und dem Motor befindet sich meine Elektronik-Grundplatte aus Lochraster-Material. Darauf befinden sich vier SubD-Sockel, in welche folgende Baugruppen gesteckt werden:

1. der Empfänger (Multiplex)
2. der Eigenbau-Fahrtregler
3. die Spannungsüberwachung
4. die beiden Windenregler (die ausgebaute Servoelektronik incl. Potis)

Auf der Grundplatte befinden sich weiterhin die Schraubanschlüsse für die Stromversorgung, den Motor, die Winden, den Ruderservo und den BEC-Spannungsregler. Das BEC besteht aus einem LM317, der direkt aus dem einzigen 12-V-Akku gespeist wird und alle 5-V-Verbraucher (Empfänger, Winden, Ruderservo) versorgt. Kleiner Trick dabei: als Kühlkörper dient der mittlere Bleiballast, auf dem der Spannungsregler festgeschraubt wird. Nachdem alle Kabelverbindungen zur Elektronik-Grundplatte angebracht sind, ist der Innenausbau beendet und ich räume den gesamten Rumpf wieder aus.

mb-02-04-b06g.jpgJetzt geht an das Decksbau. Leider stimmt die Reihenfolge der Querträger in der Bauanleitung nicht. Ich hatte also mit viel Mühe die Träger entsprechend dem Decksbelag angepaßt bzw. erneuert. In einem Korrekturblatt zur Bauanleitung wird die richtige Reihenfolge der Träger beschrieben. Das Blatt ist ganz unauffällig um die Holz-Rundstäbe im Baukasten gewickelt. Die werden aber erst viel später benötigt und daher wird das Korrekturblatt leider zu spät entdeckt. Im Deck habe ich eine Decksöffnung vor dem Mast vorgesehen, welche laut Plan nicht vorgesehen ist.

Die serienmäßige Decksunterkonstruktion erschien mir etwas dürftig, deshalb habe ich mit weiteren Holzstreben die Hohlräume ausgefacht und damit verstärkt, siehe auch Bild 5. An Bug, Heck und im Bereich der Wanten kamen zusätzliche Versteifungsbrettchen dazu, ebenso um den Großmast. Nachdem mit dem Schwingschleifer alles verschliffen wurde, kam das dünne Deck drauf. Zur Stabilität und um das Ganze wasserfest zu machen, wurde das Deck von innen mit Epoxy getränkt. Unter das Decks-Oberlicht wurde ein runder Ausschnitt gesägt, in den ich einen Lautsprecher eingeklebt habe.

Ich will das Modell später noch mit einer Geräuschelektronik (Tuckerdiesel, Mövengeschrei etc.) versehen.

Alle drei Aufbauten, die Steuerbucht, die Masten/Bäume, den Bugspriet, die Reling, den Ständer und die Ruderpinne habe ich mit Mahagoni-Beize dunkel eingefärbt.

Nun ging's an den Decksbelag. Das war der einzige langwierige Bauabschnitt überhaupt. Die Decksplanken wurden dazu auf Länge gesägt und versetzt mit wasserfestem Holzleim aufgeklebt. Dabei waren eine Handvoll Pin-Nadeln sehr wichtig. Mit je dreien wurden die Planken fixiert. Je eine wurde seitlich, vorne und hinten in das Deck gedrückt. Dadurch entstand ein immer gleicher, ca. 1 mm breiter Spalt zwischen den Planken.
Nachdem alle Planken aufgeklebt und der Leim getrocknet war, wurden alle Nadeln entfernt. Und dann ging's ans kalfatern. Meine Technik geht so: in einem alten Joghurtbecher verrühre ich 2/3 wasserfesten Holzleim mit 1/3 schwarzer Plakka-Farbe. Diese Mischung verstreiche ich dann mit einem Spachtel in alle Ritzen. Anschließend ist das ganze Deck tiefschwarz. Nach dem Trocknen schleife ich nun mit dem Schwingschleifer über das Deck. Nun kommt wieder das helle Holz zum Vorschein, die Plankenstöße sind fein säuberlich mit schwarzem Kalfater gefüllt.
„Sieht aus wie echt". Anschließend habe ich das Deck, den Ständer und die Aufbauten mehrmals mit seidenmattem Klarlack gestrichen, dazwischen wurde natürlich der Lack immer fein überschliffen. Alle anderen Teile, die mit der Beize eingefärbt wurden, sind ebenfalls mit dem Klarlack gestrichen worden.

Dann ging es in die Garage, in der ich immer meine Spritzlackierarbeiten ausführe. Vorher wurde das Deck säuberlich abgeklebt. Der Rumpf und das Ruder wurden dann als erstes komplett weiß gespritzt. Ich verwende dazu 2-Komponenten-Autolacke. Mehr dazu können Sie bitte in meinem Lackierbericht zur 'Coast Guard' in der Modellwerft 2/96 nachlesen.
Nach dem Aushärten wurde das Überwasserschiff, das Ruder sowie das Stevenrohr abgeklebt und das Unterwasserschiff schwarz gespritzt. Zum Schluß wurde noch auf die gleiche Weise der charakteristische signalrote Streifen lackiert. Wie bei mir üblich, bekam der Rumpf auch innen einen Anstrich, das soll die Weichmacher im Kunststoffrumpf halten.

Nun konnten alle „Innereien" wieder eingebaut werden.
Der Bugspriet, die Masten und die Bäume wurden jetzt mit den Beschlägen versehen. Hierbei scheint den Konstrukteuren ein Fehler unterlaufen zu sein. Die Außendurchmesser der Messing-Bandagen entsprechen den Außendurchmessern der Hölzer. Richtig wäre, wenn der Innendurchmesser der Messing-Bandagen dem Außendurchmesser der Rundhölzer entsprechen würde. Nur so könnten sie überhaupt aufgezogen werden.
Ich habe entweder die Hölzer an den entsprechenden Stellen dünner gedrechselt oder neue Messingbänder angefertigt. An die Bandagen werden anschließend die Blöcke befestigt. Dabei sollten die Drahtringe unbedingt verlötet werden; nur zubiegen reicht für den Segelbetrieb nicht aus.
Um den Mast abnehmen zu können, wurden abweichend vom Plan oben am Mast je zwei Haken hinzugefügt, in die die Wanten mittels Ringe aus/eingehängt werden. Den Bugspriet habe ich so abgeändert, daß er einschiebbar ist. Das spart Transportplatz und schützt ihn vor Beschädigung. Das Ganze ist recht einfach. Der Bugspriet-Bock wird längs aufgebohrt und mit einer M4-Schraube versehen. Im Deck wird entsprechend dort ein Loch gebohrt, wo der Bock normalerweise steht.
Unter Deck wird eine 30 x 30 mm-Aluplatte dagegen geklebt und mit einem M4-Gewinde versehen, in welches die Schraube geschraubt werden kann.
Zum Einschieben des Bugspriets wird die Schraube gelöst, das Klüversegel ausgehängt und der Bugspriet einfach nach hinten, seitlich am Großmast vorbei, geschoben. Zeichnung 2 zeigt die Konstruktion. Die Bugspriet-Abspannung zum Rumpf besteht übrigens aus Stahl-Fesselfluglitze, die mit einem kleinen Wantenspanner unter Zug gesetzt wird.

Ein unbefriedigendes Thema war die Reling.
Ich habe weder in der Bauanleitung noch in den Plänen deren Konstruktion ersehen können. Ich habe sie dann nach eigenem Ermessen ausgeführt, mußte dann aber im Nachhinein feststellen, daß ich die Teile 24 (Reling) und 28 (Relingfuß) vertauscht hatte und deshalb die Reling nochmals anfertigen mußte.


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../../button4.gif Nun ging es an die Segel. -.-   

Der mitgelieferte Segelstoff ist sehr grob und sehr steif, was für ein Standmodell vielleicht gut aussieht, für den Segelbetrieb aber nicht praktikabel ist (gilt besonders für den Klüver). Den Stoff habe ich durch feinen, weichen Baumwollstoff (in Eierschalenfarbe), aus dem Stoffladen für ca. 30,- DM, ersetzt. Die Herstellung der Takelage und der Segel ist im Bauplan leider nur minimal beschrieben.
Hier also meine Arbeitsweise (mit Dank für die Hinweise meiner Ehefrau). Man nehme: eine Nähmaschine, ein (Dampf)-Bügeleisen, zwei scharfe Scheren (groß für Stoff, klein und spitz für Faden), Segelstoff plus Nähgarn plus Liekgarn, passende Nähnadel, Sekundenkleber , ggf. Schwarztee und Textilfarben, viel Geduld und/oder eine hilfsbereite Frau, Freundin oder Mama.

  1. Wenn gewünscht, den Stoff einfärben, z. B. mit Schwarztee
  2. Den Stoff bügeln, entweder vorher anfeuchten oder mit Dampfbügeleisen
  3. Die Vorlage auf schwarzen Karton legen, dann darauf den Stoff (Schwarzer Karton als Untergrund, weil die Collin-Vorlage weise Nahtlinien hat).
  4. Webrichtung des Stoffes feststellen. Dazu mit den Händen den Stoff in die beiden gewebten Richtungen ziehen. Die Richtung, in die der Stoff fest ist, nennt man den Faden, die Richtung, in die der Stoff dehnbar ist, nennt man den Schuß.
  5. Die Segelkante, die am Mast oder an der Want befestigt wird, möglichst parallel zum Faden (quer zur Webrichtung „Schuß") des Stoffes ausrichten. Dadurch verzieht sich das Segel unter Last nicht.
  6. Den Umriß mit feinem Bleistift abzeichnen, dabei nochmals ca. 5 mm Saumzuschlag hinzufügen, da die Vorlage den Saum nur für einmal Umschlagen vorsieht.
  7. Mindestens ein zusätzliches Segel zum Probieren vorsehen.
  8. Mittels Lineal die Bahnnähte entsprechend Vorlage anzeichnen
  9. Den Stoff ausschneiden
  10. Den Saum zwei mal umschlagen (je ca. 5 mm), wird der Saum nur einmal umgeschlagen, franst er aus!
  11. Den Umschlag mit Bügeleisen fixieren, sonst reichen beim Nähen die Hände nicht.
  12. Die Nähmaschine mit dem Nähgarn versehen, richtige Fadenspannung einstellen (auf Stoffrest testen: zu stramm verzieht den Stoff, zu locker hält der Faden nicht).
  13. Liektau (Garn) in Saum einlegen. An den Segelecken Schlaufe (ggf. für Kausche) stehen lassen.
  14. Zuerst den doppelt umgeschlagenen Saum vernähen. Je nach Vorlage mit Geradstich oder Zickzack. Ich verwende lieber mehrere Geradstichnähte als einen Zickzack, denn der verzieht den Stoff sehr leicht.
  15. Am Anfang und Ende der Naht immer mindestens 5 cm Faden dran lassen, den brauchen wir später zum verknoten.
  16. Nun die Bahnnähte und die Ecken-Verstärkungsstücke nähen, dabei darauf achten, daß auf der Unterseite keine Fadenenden mit eingenäht werden. Allgemein: Ist eine Naht total daneben gegangen, so kann sie mittels spitzer Schere einfach wieder aufgetrennt werden. Hauptsache, der Stoff wird nicht verzogen, also nie mit Gewalt an den Fäden ziehen, sondern diese besser abschneiden und dann die Naht mit der Maschine neu nähen.
  17. Nun geht es von Hand weiter. Haben wir mit der Maschine nicht bis zum Saum genäht, so nähen wir mit der Nadel bis zum Saum fertig. Haben wir mit der Maschine über den Saum hinaus genäht, lösen wir die Naht mit der Nadel rückwärts bis zum Saum. Faden nicht abschneiden!
  18. Nun den unteren Faden mit der Nadel nach oben holen.
  19. Den oberen und den unteren Faden mit einem kleinen Knoten verknoten.
  20. Auf den Knoten einen winzigen Tropfen Sekundenkleber (dünnflüssiges Cyanacrylat) geben.
  21. Die beiden Fäden abschneiden.
  22. Ist der Saum nicht lückenlos umnäht, können kleine Lücken mit Sekundenkleber am ausfransen gehindert werden.
  23. Nach Bedarf von Hand Kauschen an das (die) Liektau(e) annähen.
  24. Evtl. Segel in dünner Wäschestärke baden. (am Testsegel vorher ausprobieren).
  25. Die Segelbeschriftungs-Vorlage mittels Klebeband auf eine Glasplatte kleben. Unter die Glasplatte eine Lampe stellen.
  26. Nun das neue Groß-Segel darauf legen und mit einem weichen Bleistift die Vorlage auf das Segel kopieren.
  27. Mit Textilfarbe und dünnem Pinsel das schwarze „RS No.1" im rotem Kreis aufmalen (z. B. mit Marabu Textil-Plus karminrot 032 und Schwarz 073, gibt's beim Kunsthandwerkerladen). Da die schwarzen Ziffern auf der anderen Seite des Segels spiegelverkehrt durchscheinen, habe ich auf diese Stelle ein zusätzliches Stück Segelstoff aufgenäht und darauf ein zweites Mal die „RS No.1" gemalt.
  28. Die Segel nochmals Bügeln. Dabei gehen kleinere Unebenheiten wieder raus und die Textilfarbe wird dadurch fixiert, d. h. wasserfest
  29. Nun können die Segeltaue (ggf. an die Kauschen) mittels dicker Nähnadel angebracht werden - fertig ist das selbstgenähte Segel.

Der Zeitaufwand pro Segel beträgt gut und gerne 2 Stunden, ohne Einkauf des Stoffes, aber das Ergebnis belohnt die Mühe.
Alle Segel werden nun „angeschlagen", sprich befestigt. Dabei bleiben das Toppsegel, die Fock und der Klüver abnehmbar. Ich verwende dazu kleine Karabiner aus dem Anglerladen. Wegen des abnehmbaren Mastes mußte ich den Verlauf des laufenden Gutes etwas abändern. Die Segelschoten sind nicht an der Nagelbank bzw. an der Reling, sondern gemeinsam am Mastkranz befestigt. So können beide Masten mitsamt Top-, Groß-. und Besan-Segel abgenommen werden. Die nun eigentlich leere Nagelbank wurde mit Taubündeln kaschiert, das stehende Gut mit der schwarzen Textilfarbe eingefärbt.
Bei den ersten Segeltests stellte ich fest, daß sich die Fock ständig im Mastkranz verhedderte. Ich lötete daraufhin einen Schutzkorb, der rund um den Mastkranz als Leinenabweiser dient. Weiß angestrichen fällt er kaum auf, Bild 6 zeigt den unteren Mastbereich mit dem Korb, dem Kranz und der Nagelbank.

Tja, und nachdem ich dann noch eine geräumige Transportkiste (mit zwei Schubfächern für Masten und Segel, siehe Bild 8) für die Colin gebaut hatte, war mein neuer „alter" Segler fertig.


[Vorwort] [Bauanleitung] [Rumpf] [Einbauten] [Segel] [Faqhrverhalten]
../../button4.gif Faqhrverhalten -.-   
mb-02-04-b01g.jpg

Die Taufe der Colin Archer fand auf dem Killesberg anläßlich der „Modellbau Süd '97"statt, genau ein Jahr nach der ersten Sichtung des Modells. Und dort fand dann auch gleich der Stapellauf statt.
Die Colin Archer hielt sich prima unter all den „Saphir"en und „Rubin"en. Ich konnte mich problemlos immer näher an die drei starken Windmaschinen am Becken heranmachen, die Colin kränkte maximal bis zur Bordwand, kein Tropen Wasser kam ins Schiff. Der füllige Rumpf tat voll seine Wirkung. Auch der Langkiel machte sich mit seinem typischen Verhalten bemerkbar - bei zu starkem Wind fängt die Colin an, in Lee abzutreiben, da der Kiel bei starker Kränkung an Wirkung verliert. Obendrein luvt die Colin bei Böen an, d. h. sie dreht in den Wind und reduziert dadurch ihre Kränkung. Höhe kann die Colin natürlich nicht so hoch laufen wie die modernen „Rennziegen", aber dafür gibt sie optisch viel mehr her.
Wenden geht ganz gut, sollte der Schwung einmal nicht ausreichen, hilft ein kurzer Motorschub „um die Ecke". Der voll rückwärts laufende Motor war übrigens bei engen Bojen-Situation mit anderen Seglern stets als Notbremse gut. Überrascht hat mich, daß das Ruder groß genug ist, denn bei historischen Segelmodellen muß dieses oft für eine ausreichende Ruderwirkung vergrößert werden. Die Ruderwirkung der Colin reichte aber unter allen Fahrsituationen.
Durch die recht üppige Segelfläche, immerhin sind fünf Segel auf der Colin, springt sie schon bei leichtem Windhauch an. Sollte der Wind einmal zu stark werden, können leicht der Klüver und das Toppsegel herunter genommen werden. Die Segelsteuerung hat sich bewährt, sowohl die für das Großsegel als auch die für Fock und Klüver. Letztere könnte zwar gerne etwas schneller sein, aber sieben Sekunden für einen Seitenwechsel sind immer noch schnell genug. Der Akku hält übrigens mindestens 3 Stunden, je nach dem, wie oft der Motor eingesetzt wird.

../../button4.gif Fazit -.-   

Die Colin Archer von Billing Boats/Simprob ist ein tolles Segelmodell, schön fürs Auge, günstig in der Anschaffung, gut zu segeln und unschwer zu bauen. Leider steht wohl einer größeren Verbreitung die miserable Bauanleitung im Wege.


Martin Elsässer

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